Einfahrt Lüttich
4. August 2011 Gestern sind Rahel und Lucas per Zug von Basel nach Maastricht gereist. Das dauerte 6,5 Stunden und wir erreichten um 22 Uhr den Jachthaven Pietersplas. Wir erwachen zum wolkenlosen Himmel, das ist rar diesen Sommer. Wir legen um 11:20 ab und sind schon um 14 Uhr in Liège, wo wir festmachen, um einen Stadrundgang zu machen. In eineinhalb Stunden entdecken wir nichts, was man unbedingt gesehen haben muss… Aber womöglich tun wir Lüttich Unrecht. Wir fahren weiter bis nach Huy wo wir im Yachthaven De Corphalie übernachten. Abends regnet es, wir liegen bei bester Aussicht auf ein 3-faches AKW in einem schitteren Häfeli – Wetter und Umgebung sind so richtig garstig. 68,75h
5. August 2011 Nach einer unruhigen Nacht – wir liegen zu nah an der Hafenausfahrt und wir werden vom nächtlichen Berufsverkehr etwas verschaukelt – pumpe ich 1/3 des Hecktanks leer, weil wir zu Hecklastig sind. Zur Lagerung ist ein voller Hecktank ideal, weil alles Wasser an Deck dann gut abläuft, so werden Pfützen auf Flybridge und Seitengängen verhindert. Der Nicro Solar Night&Day im WC dreht nicht mehr – obwohl die Sonne wieder scheint und der defekte Akku raus ist. Ich ersetze ihn mit dem geflickten (ex Bugkabine, wo jetzt ein elektrischer ist). Kaum habe ich den moniert, fängt der eben ausgebaute wieder an zu laufen – es ist wie verhext. Und jetzt reisst noch die Lukenbefestigung im Bug ab. Aber nicht nur der Gummizapfen ist alterschwach, die ganze Luke ist brüchig! Da muss bald eine neue rein. Die garstige Umgebung vor Huy hat auch einen Vorteil, ein Mr. Bricolage ist keine 200m weit weg, wo ich Material zum temporären Flicken der Luke kaufe. Um 1:15 geht’s dann los, der Starter tut aber nur beim 2. Versuch. Ich telefoniere Guido Willems, der den Starter revidieren liess. Er meint evtl. könnte das vorgelagerte Relais defekt sein. Ich soll, wenn es gar nicht mehr geht, das Relais kurzschliessen (Draht vom Zündschloss herkommend mit Draht vom Relais zum Starter verbinden).
Stahlwerk, es russt!
Die Strecke bis Namur ist geprägt von Kohle- und Stahlindustrie – da hat auch die Berufsschiffahrt viel zu tun. Um 15:45 legen wir im Port d’Amee in Jambes, gleich gegenüber von Namur an. Ab hier sind wir die belgische Industriezone los und es wird wieder hübsch. Schon das Städtchen Namur ist eine Reise wert, hier unbedingt die Ramparts (Festung über der Stadt) besteigen. Von dort hat man einen schönen Blick auf die Täler der Meuse und der Sambre mit den Städten Namur und Jambes mit den umliegenden Hügeln. Unten in der Altstadt von Namur haben wir in einem kleinen gemütlichen Restaurant „La
Namur von der Festung aus
Mère Gourmande“ 13, rue du Président 081 22 72 08 gegessen. 73,25h
6. August 2011 Um elf Uhr verlassen Jambes und bald wird es noch hügeliger als zuvor – wir tuckern durch malerische Landschaften und Örtchen – Dinant ist das touristischste – aber wir belassen es bei der Ansicht von Fluss aus. Das Tal ist hier schon recht eng, die Berge der Ardennen werden sicht- und spürbar. Bei wechselhaftem Wetter, aber immerhin meistens trocken, begleiten sie uns auf der ganzen schönen Fahrt bis Givet (Frankreich) wo wir um sieben anlegen. An der kurz davor gelegenen
Dinant
Grenze kaufen wir eine VNF Vignette für 16 Tage (95 Euro). Wir liegen in Givet im Dorf gleich beim grossen Turm, denn der Yachthafen gegenüber ist voll. 80,25h
7.8.2011 Wir werden von der Sonne geweckt, aber es wird heute nur 14 Grad warm und es bläst ein kräftiger Wind aus Süden. Aber erstmal wird französisch, d.h. mit frischen Croissants gefrühstückt. Wir fahren um 10 Uhr los, dann folgt bald die erste schmale Schleuse und ein Tunnel, der nur 3,5 Meter hoch sein soll. Das ist wohl an der Seite gemessen, denn ich kann aufrecht sitzend auf der Flybridge fahren, nur die um meinen Kopf fliegenden Fledermäuse machen die Fahrt etwas gfürchig. Danach geht’s wieder auf die breite Meuse. Die Landschaft hier ist wunderschön, mit einem breiteren Tal als gestern. Der Fluss mäandert gemächlich durch
In den Ardennen
bewaldete Berge, grüne Felder, wo nach ein paar Kurven immer wieder ein malerisches Dörfchen oder ein Weiler auftaucht. Wir machen einen Mittagsspaziergang im Dorf Funey und essen was Kleines. Nachmittags ein Malheur mit dem Mast: In Schleuse 47 stelle ich den Mast auf, denn es steht uns eine Zeit lang kein Tunnel oder Brücke mehr bevor. Und das lange Ding ist abgelegt immer im Weg. Aber oh weh, am Ausgang der Schleuse geht ein Bügel darüber mit den Hydraulikleitungen. Gottseidank ist der Bügel stärker als unsere Mastbefestigung… diese reisst teilweise beim Kontakt von Mast und Bügel mit einem lauten Knall und der Mast hängt in 45 Grad Stellung in der Landschaft. Naja, das Ding wollte ich eigentlich längst demontieren, denn in Frankreich ist das völlig sinnlos. Um 18:30 geht es dann vor der Schleuse 46 in der Nähe von Deville nicht mehr weiter. Wir bemerken zu spät, dass es Sonntag ist und somit die VNF Leute um 18 Uhr Feierabend gemacht haben. Ein vernünftiger Liegeplatz gibt’s hier keinen, also improvisieren wir: Mit Bootshaken, einer Dachlatte und der Gangway als Distanzhalter vom flachen steinigen Bord machen wir an eigenen Häringen und dem zweiten Anker an Land fest. Nachts regnets heftig, der Wasserspeigel steigt um 5 cm, aber Häringe, Anker und Distanzhalter bleiben standhaft und wir schlafen fast ruhig… 87,5h
8. August 2011 Von gestern habe ich wieder sechs Liter aus der Wellenbilge geschöpft, obwohl ich alle zwei Stunden die Fettpresse angezogen habe. Da ist wohl die Wellenpackung wirklich dahin. Aber wie wechselt man sowas? Die Fettpresse versuche ich zu öffnen, weil sie bald leer ist, aber das Vakuum ist zu stark und wenn ich dran reisse, könnte das Gewinde beschädigt werden – die Probleme eines Anfängers, denke ich… Um 13 Uhr legen wir in Charleville-Méziers am Ponton des Camping Mont Olymp an.
Zwischen Givet und Charleville
Ich lauf in die Stadt und finde in einem uralten Elektroladen einen Druckknopf-Schalter. Den baue ich jetzt als Notstartknopf in einer zusätzlichen Elektroleitung ein, die das oben genannte Relais umgeht. Funktioniert tadellos, bin ganz stolz auf meine Elektrikerfähigkeiten (ist nicht weit her damit…). 91,35h
9. August 2011 Nach zehn Uhr fahren wir in Charleville ab. Wir wollen nach Pont-à-Bar am Anfang des Canal des Ardennes, denn dort ist eine kleine Schiffswerft. In Pont-à-Bar (Gemeinde Dom-le-Mesnil) angekommen, erklären wir Cédric von Pont-à-Bar Services, was zu tun ist: Mast entfernen und Toplicht an der Fly befestigen, Wellenlagerpackung ersetzen, Fettpresse füllen, eine neue Vetus-Luke montieren auf dem Vorderdeck und den von Anfang an defekten Motorstundenzähler ersetzen. Er prüft auch noch den Temperaturalarm am Auspufftopf – der funktioniert. Dann reisen wir mit Taxi und Zug zurück in die Schweiz. 94,35h
16. September 2011 nur eine Wochenendfahrt: Wir sind mit dem Auto nach Pont-à-Bar gefahren, bezahlen Cédric 2000 Euro (inkl 450 für Diesel) und legen um 13:30 Uhr los. Um 14:30 stellte ich fest, dass die Instrumente (Tank, Öldruck, Motortemperatur) ausgefallen sind. Ich rufe Cédric an, der sich das auch nicht erklären kann. Wir fahren an Sedan vorbei bis zur Pont de Petit Remilly (km 116,5) wo wir mitten in der Natur um 17 Uhr anlegen und sogar einen herrlichen Sonnuntergang erleben. Horateur 3,5 h; 97,85h
Morgennebel verflüchtigt sich
17.9.2011 Wir fahren um 10 Uhr ab von Petit Remilly und haben eine ruhige Fahrt ohne jeglichen Verkehr durch das wunderschöne Meusetal. Besonders schön ist es im Fluss, der immer wieder durch kurze Abschnitte Kanal und Schleusen unterbrochen wird. Mittags machen wir einen Rundgang durch Stenay. Von der alten Glorie sind nur noch die Arkaden geblieben, sonst ist es eher trist, aber die Sonne scheint auch nicht. Der Kanal, resp. Fluss führt von Stenay bis Dun-sur-Meuse meist neben der Landstrasse. Da hat es aber nicht viel Verkehr und die grossartige Sicht auf das breite, weite Tal kompensiert den gelegentlichen Lärm vorbeifahrender Lastwagen. Wir legen am öffentlichen Passantenlieger in Dun-sur Meuse an, ketten Johanna daran an, denn wir müssen wieder zurück in die Schweiz. Uns bringt ein Taxi zurück nach Pont-a-Bar wo unser Auto wartet. Horateur 9,0h; 103,0h
Meusetal bei Dun-sur-Meuse
1. Oktober 2011 Abfahrt in Dun-sur-Meuse um 1045 Uhr mit E & E als neuer Crew bis Nancy. Wir kaufen viel Proviant ein, weil es wenig Einkaufsgelegenheiten unterwegs geben wird und sind froh für die frischen Sachen zwei Kühlschränke zu haben. Ein herrlicher Alterweibersommertag beginnt und es gibt immerhin 23 Grad. Die manuellen Schleusen auf dieser Strecke sind kein Problem, uns begleitet mit dem Auto ein freundlicher Jean der VNF. Wir übernachten bei Schleuse 21 bei Champ, denn Jean der VNF-Mann findet es sei schon um viertel vor fünf Feierabend. Der neue Horateur ist bei 10.0 stehengeblieben! 108,35h
2. Oktober 2011 Wir legen schon um 9 Uhr los, und Jean ist wieder zur Stelle. Um der morgendlichen Kühle den Schneid zu nehmen, setzen wir die Heizung in Gang, welche jedoch bald wieder abstellt – warum? Die Heizung hat zu wenig Druck, ich muss also mal Wasser nachfüllen. Erstmal 3 Liter Antifreeze eingefüllt mit der festinstallierten Handpumpe. Wir rasten in Verdun für einem kurzen Stadtrundgang. Um 15 Uhr stecken wir in der Schleuse Nr 15 in Dieue fest, der Starter funktioniert definitiv nicht (auch nicht mit dem Notknopf). Mit Hilfe von zwei VNF Leuten ziehen wir Johanna aus der Schleuse. Der Starter ist offensichtlich überhitzt, weil scheinbar das Zündschloss defekt ist und dauernd Strom darauf war. Nach einer Stunde funktioniert er wieder mit dem Notknopf, aber sobald die Zündung eingeschaltet wird läuft er dauernd. Ich schliesse auf Kurzschluss im Zündschloss… Ich organisiere den Garagist der lokalen Renaultvertretung für morgen und wir bleiben die Nacht in Dieue.
3. Oktober 2011 Morgens um acht, es ist 8 Grad kalt, werden die Radiatoren nicht warm, obwohl der Brenner und die Umwälzpumpe laufen. Ich schliesse auf ein Airlock. Also alle Radiatoren entlüften und mehr Wasser in das System pumpen damit der Druck steigt. Bei 1,5 bar ist der Luftverschluss vertrieben, es wird überall warm; damit das nicht gleich wieder passiert, fülle ich bis 2,5 bar. Um 10 Uhr kommt der Mechaniker. Wir finden gemeinsam heraus, dass der Horateur Ursache der Panne war. Cedric’s Mitarbeiter hat einen für 12V eingebaut anstatt 24V. Darum ist er zuerst stehengeblieben und ist anschliessend durchgebrannt. Da der Minuspol auch am Zündschloss angeschlossen ist, hatte dann der Starter Dauerstrom schon in der Stellung „Zündung ein“. Das muss nach Schleuse 16 geschehen sein. Da der Starter ab dann dauernd lief war er überhitzt und funktionierte in Schleuse 15 nicht mehr. Wir hängten den Horateur ab (Minuspol) und das Zündschloss funktioniert wieder richtig.
St. Mihiel
Um 12 Uhr geht’s weiter, aber eine 24 Meter Tjalk fährt vor uns mit nur 4km/h. Die VNF Herren weisen uns an, die manuellen Schleusen gemeinsam zu fahren, was sehr eng ist bei 38 Meter Länge der Schleusen. Der Rundgang in St. Mihiel ist nicht sehr ergiebig. Nach einer halben Stunde haben wir weder eine gemütliche Beiz fürs Abendessen gefunden, noch einen sehenswerten Ort angetroffen. Im Internet finden wir im nächsten Dorf Bislée das Restaurant Table au bon Père, das aber 2,5km vom Kanal entfernt ist. Wir legen um 18 Uhr 200m südlich der Brücke von Bislée für die Nacht an und spazieren zum genannten Restaurant. Bei Mondschein finden wir spät nachts den Weg zurück, der Sternenhimmel ist gewaltig, das Restaurant war allerdings nix besondres.
bei Bislée
4. Oktober 2011 Beim Ablegen (Starter funktioniert erst beim 2. Versuch) um halb zehn rumpelt es wegen einem kurzen Grundkontakt. Was war das? Rumpf, Ruder oder Schraube? Das Wetter ist perfekt bei 22 Grad. Mittags rasten wir in Commercy, der Stadtrundgang ist ein voller Erfolg, denn das Chateau und der klassizistische Platz ist sehr sehenswert und der Lunch im Restaurant Fer de Cheval am gleichen Ort war sehr gut. Um halb vier machen wir dann eine Zwangspause in der Schleuse 5 Euville, weil die Schleuse nach der Einfahrt blockiert. Nach ¾ Stunden haben die VNF-Leute das Problem behoben und wir fahren weiter. Es ziehen leider Wolken auf und die Wettervorhersage für morgen ist Regen und Kühle ist angesagt. Der wunderschöne Altweibersommer ist womöglich gelaufen. Wir demontieren deshalb beide Biminis (Heck und Flybridge) und verräumen alles für die Saison unter dem Kapitänsbett. Um viertel vor fünf kommen wir zur Schleuse Nr.4, alle folgendem kommen in 500m Abstand. Die Zeit wird knapp und wegen eines riesigen Kalk/Gipswerks, wo es sehr staubig, hässlich und lärmig ist, wollen wir unbedingt weiter. Trotz einer kurzen Panne der letzten Schleuse – der VNF war rasch zur Stelle – fahren wir um 17:55, 5 Minuten vor Schluss aus der Schleuse 1 in den Marne Rhein Kanal. Wir übernachten im Wald 1 km vor Pagny mitten in der Natur.
Moselle bei Villey-Saint-Etienne
5. Oktober 2011 Wir fahren um viertel vor zehn weiter und kommen um ein Uhr in Toul an. Nach der Mittagspause fahren wir weiter auf dem breiten Fluss Moselle bis Liverdun, wo wir die Nacht in einem sehr lauschigen Halte Fluvial verbringen, der traumhaft in einem Hinterlauf der Moselle gelegen ist. Dieser Liegeplatz ist der schönste seit Dun.
6. Oktober 2011 Ein Spaziergang hinauf in das alte Städtchen ist reizvoll und charmant, aber offensichtlich fehlt es den meisten Hausbesitzern an Geld für den Unterhalt. Wir legen um 11 Uhr los und passieren die niedrigste Brücke vor Schleuse 27 „Jonction“. Unsere Durchfahrtshöhe ist 3 Meter 30. Wegen des hohen Wasserstands war nix mehr mit 3,5 Meter Durchfahrtshöhe. Ich konnte auf der Flybridge nur noch vollkommen in Deckung gehen und ganz ohne Sicht voraus in die Schleuse fahren. Das war ein spannender Moment und die Schleuse mit 10,6 Meter Höhe beindruckend. Wir rasteten um eins bei Champigneul – Vorstadtarchitektur, also Shoppingcenters und Garagen säumen den Kanal. Wir fahren dann nochmals 1 Stunde 20 Minuten bis ins Zentrum von Nancy, wo wir im Port de Plaisance anlegen. Nachtmittags bei kühl-windigen 15 Grad und teilweise Regen folgt dann der obligate Stadtrundgang. Place Stanislas ist wirklich sehenswert, dem Rest können wir nicht viel abgewinnen. Wir bekommen den Tipp fürs Abendessen ins Restaurant Excelsior beim Bahnhof zu gehen. Das ist erstens sehr schön im Jugendstil, zweitens sehr gut und drittens auch recht teuer, aber es lohnt sich! Dieses Restaurant wiegt auf, dass es auf der ganzen Strecke von Charleville bis Nancy keine kulinarischen Höhenflüge gab. Auch die Einheimischen bestätigten uns, dass diese Gegend in den letzten 10 Jahren alle guten Beizli verloren hat und es nur noch Tiefkühlkost und Fabrikfood in den Restaurants gibt. Da kocht man lieber selber.
7. Oktober 2011 E & E verabschieden sich am Mittag und ich reise per Zug und Taxi nach Dun-sur-Meuse, um das Auto zu holen. Am darauf folgenden Tag mache ich Grosseinkauf für die nächste Etappe, empfange die neue Crew und zeige ihnen nochmals bei Regen die Stadt.
Zwischen Nancy und Lagarde
9. Oktober 2011 Mit Olle, Sarah, Till und Silvan legen wir nach zehn Uhr los. Wir blochen bei wechselndem aber meist trockenem, aber immer kühlem Wetter denn ganzen Tag durch. Zuerst kommt die triste Vorstadt Nancys mit dem HLM (habitation à loyers moderés, schöner französischer Name für grässliche Mietskasernen) dann einiges an Industrie und ab Dombasle dann wieder wunderschöne Natur und viel Abwechslung. Die neue Crew kann es sehr gut, ihre Erfahrung vom Irländischen Törn ist viel wert. Wir kommen um viertel vor sechs in Lagarde an. Das Abendessen in der Hafenbeiz ist recht gut und günstig.
10. Oktober 2011 Wir legen erst um halb zwölf in Lagarde ab und warten dann von 15 bis
Schleuse Réchicourt
16:30 Uhr vor dem Loch der Schleuse Réchicourt. Diese ist auch bei meiner zweiten Durchfahrt mit 16 Metern Höhe ein eindrückliches Erlebnis. Heute ist es wieder bedeckt, windig und kühl. Schade, denn bei schönem Wetter ist das hier eine wunderschöne Gegend, die zum verweilen ermuntert. Wir übernachten dann in Gondrexange. 147,0h
11. Oktober 2011 Um halb zehn legen wir los; es folgen zwei Tunnels, einer davon 2,3km lang. Das verlangt vom Steuermann hohe Konzentration – so lange schnurgeradeaus im engen Tunnel zu schippern.
Tunnel vor Arzviller
Aber wir schaffen dass ohne zu touchieren. Die anschliessende Fahrt auf dem Schifsshebewerk „Plan incliné de Arzviller“ ist wirklich spektakulär und recht rasant. Das nachfolgende Tal der Wach ist eng und auch sehr hübsch, aber leider ist uns das Wetter wie seit Nancy nicht hold. Wir legen um viertel vor sechs im Hafen von Saverne an, auf dem allerletzten Platz! Die Altstadt von Saverne ist eine Reise wert und wir haben in der Taverne Katz sehr gut gespiesen (aber Achtung, ohne Reservation wenig Chance einen Tisch zu bekommen). 155,25h
12. Oktober 2011 Um halb zwölf legen wir bei bleigrauem Himmel, der uns jedoch trocken lässt, in Saverne ab. Nach anfänglicher Vorstadttristesse wird die Landschaft lieblich;
Foret de Brumath
flache Hügel, weite Felder und schliesslich der grosse Foret de Brumath, wo wir bei PK 298 um 16:30 Uhr auf der rechten Seite für die Nacht festmachen. Ich verlassse den Wald zu Fuss bis PK 299,5, wo die Reseau Ferré de France ein LGV bauen. Ein Kran steht auf einem grossen Floss mitten im Kanal, aber es sieht so aus, als ob wir morgen knapp daran vorbeikommen. 160,25h
13. Oktober 2011 Wir legen schon um halb neun ab, weil wir heute bis Lahr fahren wollen. Bei Nieselregen, leichtem Wind und 14 Grad – e biz grusig – legen wir um 10:45 wir in Strasbourg bei Kojak zum Tanken an (135L für 213 Euro). Olle und Sarah verlassen uns, um die beiden Autos in Nancy zu holen. Nachmittags hört der Regen auf. Die Rheinschleusen sind ungewohnt riesig. Wir befahren sie ganz alleine und problemlos. Wir
Johanna im YH Lahr (Rhein)
fahren mit den Buben Till und Silvan bis zum Yachthafen Lahr, Ankunft 16:00. Wir werden da sehr freundlich vom Hafenmeister empfangen. Nachdem wir schon so früh angekommen sind, mache ich mich daran zwei Probleme zu beheben: Wellenwasser war gestern 8 Liter. Viel zu viel. Die Schrauben der Wellenpresse sind lose, also kein Wunder. Ich ziehe sie etwas an, da ich aber nicht weisswie stark, entscheide ich mich für ein eher schwächeres Vorgehen. Auch das zweite Problem ist Wasser, aber in der Hauptbilge: Seit einigen Tagen sammle ich täglich 3 Liter ein und die Druckwasserpumpe läuft so zweimal pro Nacht – also irgendwo ein Leck im Druckwassersystem. Es ist auch rasch gefunden. Unter den Schubladen in der Kombüse steht Wasser und tröpfelt durch ein Loch in den Motorraum. Das Kaltwasserraccord an der Spüle – ein Stück normaler, alter Wasserschlauch ist undicht. Als ich die Briden anziehe, ist er vollends hin. Also Suche nach geeignetem Schlauch und anschliessend einiges Gebastel in akward posi. Aber dicht ist wieder. Jetzt muss noch das Schapp wieder trocken werden. Also alle Schallisolation (trieft!) raus und die Schubladen bleiben ab jetzt draussen, damit das ordentlich belüftet ist. 166,75h
Rhein mit Blick auf Schwarzwald
14. Oktober 2011 Endlich wieder ein strahlender Tag. Olle beschliesst eine Velotour rund um den Mont Saint-Odile von Barr aus zu unternehmen und fährt mit dem Honda da hin und anschliessend nach Kembs. Wir legen um viertel vor elf in Lahr los und fahren bei Rückenwind den Rhein rauf, der etwa mit 5km/h fliesst. In der Schleuse Markoldsheim setze ich Sara und die beiden Buben ab, wo sie gestern ihr Auto parkiert hatten, denn sie wollen unbedingt ins örtliche Kentucky Fried Chicken zum Lunch. So fahre ich ab Marckolsheim das erste Mal ganz alleine mit Johanna. Bis auf das Anlegemanöver (rückwärts bei ablandigem Seitenwind) geht das problemlos; aber ein anderer Schiffer beobachtet mich (von drinnen – es ist keine Menschenseele zu sehen) und hilft mir, denn der Sprint zwischen Flybridge und Festmacher dauert eine Sekunde zu lang, und schon sind wir wieder abgedriftet. Um 16:45 ist im Yachthafen Fuchs Breisach angelegt. 172,75h
15. Oktober 2011 Der letzte Tag unserer langen Fahrt: Martin und David sind meine neue Crew. Der Ölstand verlangt nach 1 Liter Nachschub (das erste Mal seit Heeg). Wir legen bei Sonne um 09:45 in Breisach ab. Schon oben an der Schleuse Vogelgrün gibt’s aber dichten Bodennebel. Die Sicht ist nur noch 100m und ich fahre ganz nah am linken Ufer, wo’s sicher keine Grossen hat. Über Funk erfahren wir, dass ausgerechnet in dieser Suppe ein Segelboot Motorschaden hat. Gabriel Florange, der Hafenmeister von Kembs ist vor uns mit seinem Schiff Toccata in Breisach abgefahren und findet die Havarierten und schleppt sie ab. Damit wir mit den beiden Schiffen die Schleuse Fessenheim nehmen können, geben wir Vollgas. In der Schleuse Fessenheim machen wir mit Gabriel Bekanntschaft, denn unser Anlasser streikt wieder einmal. Die Toccata nimmt uns nun auch ins Schlepptau, denn oben an der Schleuse wartet schon wieder ein Grosser. Gabriel bietet uns an, uns bis Kembs abzuschleppen. Kaum haben wir die drei Schiffe miteinander vertäut, läuft unser Anlasser wieder. Aufgrund der Überhitzung am 2.10.12 werde ich diesen also demnächst nochmals revidieren lassen. Der Rest der Fahrt ist wunderbar auf dem breiten Rhein und verläuft ohne Pannen.
Die Einfahrt in den Canal de Huningue ist etwas gfürchig
- Canal de Hunigue, Toccata schleppt einen Segler
eng und mit Strömung, aber wir kommen da problemlos rein. Gabriel hat mir den Platz 18 im Hafen (direkt vor dem Restaurant La Péniche) zuwiesen, nachdem er mich fragte, ob ich gut manövrieren kann. Ich bejahte dies – nach so grosser Fahrt und vielen schwierigen Manövern kann mich nichts erschüttern. Man kann da nicht direkt zwischen den Booten hineinfahren wegen der starken Strömung. Also geht es seitwärts immer mit dem Bug in der Strömung und sägemässig sehr langsam rein. Aufgeregte Schiffer winken ab – da darf ich nicht reinfahren, Johanna sei zu gross. Aber Gabriel hat mir das Okay gegeben und so wird’s gemacht. Bug zwischen zwei kanalaufwärts liegende Schiffe, dann Heck seitwärts nach Backbord, dann mit dem Heck zwischen zwei Schiffe und dann Bug wieder nach Backbord zwischen die nächsten beiden Schiffe usw. Einige rennen mit Fendern bewehrt zum Bug ihres Schiffs, aber die sind nicht nötig. Auch die Leinenangebote lehne ich dankend ab, ich möchte lieber alleine
Der Hafen von Kembs
steuern…Nach ein paar kniffligen Minuten – wir sitzen zwischendrin auf einer Sandbank auf, die wir entsprechenden den Anweisungen von Gabriel sanft aber bestimmt wegspülen – legen wir um 17 Uhr ohne Schande und Schaden an. Immerhin ist mein Ruf im Hafen als passabler Steuermann mit diesem Manöver wohl gesichert. 187,25h
So ist unsere erste lange Fahrt von Nordfriesland bis ins Elsass zu Ende. Es war ein einmaliges Erlebnis, diese 1177km, diese 210 Schleusen, und die Kanalschifferei hat mich voll im Bann. Nichts ist schöner als die langsam dahinziehende Landschaft im Sonnenwind und trotzdem wird’s mit den verschiedenen fahrerischen und technischen Herausforderungen nie langweilig. Den Anlasser baue ich aus und lasse ihn in Mulhouse bei Zahn Electro Diesel komplett revidieren.